Göncruszka hilft ukrainischen Flüchtlingen, Sigriswil hilft Göncruszka.

Als Kirchgemeinde möchten wir es nicht unterlassen, der ganzen Gemeinde ganz herzlich für die grossartige Teilnahme am „Suppe-Chehr“ und die überwältigende Spendenbereitschaft zu danken. Die gesammelten Spenden werden den ukrainischen Flüchtlingen zu gute kommen, die von unserer Partnergemeinde in Göncruszka begleitet werden.

Es muss emotional unglaublich belastend sein, in derart kurzer Zeit und ohne emotionale und logistische Vorbereitung sich mitten im grössten Flüchtlingselend in Europa seit dem 2. Weltkrieg wieder zu finden. Folgende Texte und Berichte sollen uns einen Eindruck dessen vermitteln, was sich im Moment an der ungarisch-ukrainischen Grenze abspielt und wie unsere Partnergemeinde in Göncruszka ihr Möglichstes tut, diesem Elend auch etwas entgegen zu setzen. Die Berichte wurden von Pfr. Ch. Bühler zusammen getragen und redigiert. Über den Link zu Beginn des Textes können die Inhalte jeweils in voller Länge gelesen werden.

Links

https://pro-goencruszka.ch/
facebookseite Talentumschule
facebookseite Grüne Engel (Hilfswerk der reformierten Kirche Ungarns)
HEKS, Hilfswerk der evangelischen Kirchen der Schweiz

Inhalt

Berichte von Pfarrerin Elke Rüegger, Zürich

Mail vom 24. Juli 2022

Von Pfrin. Elke Rüegger, unsere Kontaktperson  in Göncruszka
 
Liebe update-Interessierte
 
Beim letzten Sammeln der Infos fürs update  sassen Levente, Zsuzsa und ich auf der Terrasse des Tejjel Mézzel – Restaurants in Göncruszka …
es gibt immer sehr viel zu erzählen – von der Arbeit für und mit den ukrainischen Flüchtlingen und aber auch von all dem, was hier einfach weiterläuft … irgendwo lasse sich das nicht sauber trennen,
meinten Levente und Zsuzsa, und so fliessen auch wenige ausgewählte Infos über all die andere Arbeit hier hinein.
 
Die erste, ganz überraschende Info: Es ist nach anfänglichem “wir haben keinen Vikar für euch in Göncruszka, weils viel zu wenige hat” (Dekan) … ist nun doch ganz kurzfristig einer hier: Marvell. Er war bereits Mitte Juni mit in Sigriswil und Zürich beim Besuch der Göncruszka-Jugendlichen in der Schweiz …. 
und Zsuzsa ist sehr froh, denn sie braucht dringend Entlastung z.B. für die vielen Stunden Religionunterricht in Göncruszka und Vilmány. Marvell hat auch vor kurzem die Imkerprüfung gemacht (Göncruszka … Honig … Bienen), ist also hochwillkommen! 
 
Zsuzsa arbeitet sehr viel in Vilmány … und da gings in letzter Zeit auch ums “Schuhprojekt”. Und was in Vilmány geschieht, wirkt auch nach Göncruszka. Ein gutes Beispiel dafür: 
In Göncruszka und auch in Vilmány haben viele Menschen, je älter sie sind desto stärker, Wirbelsäulenkrankheiten, Knieprobleme, Fehlstellungen an den Füssen, oft ist ein Bein länger als das andere (unkorrigiert gibt das langfristige Schäden).  Zsuzsa: “Füsse von alten Menschen sind nicht normal”. Viele haben seit Kindertagen nie neue Schuhe bekommen, sondern immer nur abgetragene, “ausgelatschte”, krummgetretene …. und krummgetretene Schuhe können Füsse schädigen ….
  – also initiierte sie ein “Schuhprojekt”: Genau ausgemessene und handgefertige Lederschuhe sollten die Menschen bekommen (das erste Mal im Leben!)!
Zuerst kam ein Bus mit orthopädisch ausgebildetem Personal und auch den nötigen Geräten, um jeden Fuss einzeln zu vermessen, und dann wurde das Modell gemeinsam ausgesucht und von einem Schuhmacher von Hand aus Leder gefertigt.
Und wer trägt die Kosten? (..fragt sich vielleicht manches von euch)
Einen Teil bezahlt die Krankenkasse, den Rest
bezahlte in Vilmány  das reformierte Hilfswerk (als Teil der Romaförderung, die es dort anbietet. mrsz (=das ref. Hilfswerk in Ungarn) arbeitet zusammen mit Zsuzsa und ihrem Team in Vilmány – hier der facebook-link für alle, die mehr wissen wollen zu mrsz
 https://www.facebook.com/groups/339198080750726/ 
(ich hoffe, das funktioniert so)
In Göncruszka bezahlte jeder einen kleinen Teil selber,  10% war europäische Unterstützung, den Rest teilten sich Krankenkasse und “grProtest”. 100 Menschen – vor allem Mitarbeiter und Senioren – haben jetzt neue Lederschuhe!, oft zum ersten Mal in ihrem Leben!
Neue (Leder-)Schuhe: Für uns eine Selbstverständlichkeit, dort für viele ein Wunder …
vieles andere läuft auch noch in Vilmány . Es gibt jetzt einen Laden, in dem man mit “laminiertem Punkte-Geld” einkaufen kann (Punkte gibts für erfüllte Aufgaben). In letzter Zeit kocht Zsuzsa mit den Romamüttern zusammen Aprikosenmarmelade (nur mit Honig! Also sehr gesund…) als Wintervorrat (Früchte verarbeiten lernen)  … wens interessiert, schaut auf der oben angegebenen facebook-Seite nach (“goolge translate” hilft auch Texte verstehen, und die Bilder reden auch ohne Sprachkenntnisse) .  Solche gemeinsamen Aktivitäten helfen, den Romamüttern zu zeigen und die Erfahrung zu ermöglichen, dass es sich lohnt, etwas zu tun, etwas zu verändern, sich zu engagieren … und nicht nur aufs Sozialgeld zu warten.
Das “alte Pfarrhaus” bietet viele Möglichkeiten dazu …. (Bilder im nächsten update)
 
Zu den ukrainischen Flüchtlingen und all den Herausforderungen: Hier in Göncruszka und Umgebung leben Menschen aus der Ukraine seit mehreren Jahren (auch LehrerInnen der Talentum-Schule gehören dazu) … sie haben Infos direkt aus ihrer “alten Heimat” von ihrer noch dort lebenden Familie oder der ehemaligen Nachbarschaft oder Freunden … im Moment ist die Situation in der Ukraine von grosser Unsicherheit geprägt (und damit auch in Göncruszka und Umgebung, weil niemand weiss, wann grössere Gruppen neu kommen und Unterkunft, Essen und Arbeit brauchen… ). Alle, die irgendwie im Krieg hilfreich sein könnten, auch viele Frauen, erhalten jetzt ein Aufgebot bzw. müssen sich für  Militärdienst einschreiben und dürfen das Land nicht mehr verlassen. Krankenschwestern, alle im Gesundheitssektor Tätigen, auch eine Biologielehrein kann das sein … wer auf der Strasse angehalten wird, muss unterschreiben … jetzt eben auch Frauen, nicht mehr nur Männer!
… und diese Unsicherheit führt dazu, dass Viele jetzt einfach nicht mehr auf die Strasse gehen, sondern zuhause bleiben bzw. nur dann rausgehen, wenn es absolut notwendig ist, z.B. um Ausweise zu organisieren für die Kinder. Ohne Ausweis kein Grenzübertritt nach Ungarn oder Polen … und viele planen jetzt ihre Flucht. Mehr als bisher …
Ausgebaut werden jetzt auch Rettungskeller.
Am 1. September beginnt das neue Schuljahr – Mütter müssen jetzt entscheiden, ob sie die Kinder in Ungarn in die Schule schicken oder in der Westukraine oder am bisherigen Wohnort. Dieser Entschied ist sehr schwierig …
Was bei uns nicht so bekannt ist: In vielen ukrainischen Familien arbeiten die Männer schon länger in der EU – sie arbeiten und wohnen dort die Woche über, die Frau mit den Kindern lebt in der Ukraine, und am Wochenende (oder seltener) kommt der Vater und Ehemann dann zu Besuch nachhause. Diese Mütter und Kinder fliehen jetzt oft dorthin, wo der Ehemann und Vater schon wohnt und arbeitet. … oder sie planen diese Flucht …
denn Väter können seit Kriegsbeginn nicht mehr ihre Familien in der Ukraine besuchen. Auch ukrainische Familien hier in Göncruszka und Umgebung können ihre Verwandten in der Ukraine nicht mehr beuchen – nur noch die Frauen+Töchter dürfen die ukrainische Grenze überqueren für Besuche, und auch sie könnten zum Militärdienst eingezogen werden (s.o.).
Überall Unsicherheit, Fragen, Probleme …. und das drückt viele Menschen hier so nahe der Grenze.
Eine grosse Fluchtbewegung geht ja schon seit Kriegsbeginn von der Ost-Ukraine in die  Westukraine, wo eine ungarischssprachige Minderheit lebt. Kinder der ungarisch sprechenden Minderheit gehen in ungarische Schulen, die vom ungarischen Staat finanziert werden … kommen jetzt aber immer mehr (ost-)ukrainische Kinder, nur ukrainisch sprechend, in die Westukraine, wird es schulisch schwierig, denn die geflüchteten Mütter wollen keine ungarischsprachige Schule für ihre Kinder… 
es weiss auch niemand, ob ungairsch lernen sich “lohnt” für die Kinder aus der Ost-Ukraine, denn alle hoffen auf ein baldiges Ende dieses mörderischen Krieges und dass sie dann nachhause zurückkehren können.
Spannungen sind vorgegeben … und all die Unsicherheiten dazu …
diese “Unsicherheit” schwappt natürlich auf Göncruszka über … dieses Kommen und Wiedergehen und Wiederkommen oder Neukommen von Menschen aus der Ukraine lässt sich nicht planen, weil es nicht vorhersehbar ist. Vorgestern kam wieder eine Familie mit 2 Kindern neu nach Abaújvár … 4 Mahlzeiten mehr jeden Tag, mehr weiss man oft nicht, auch nicht was die Menschen planen die kommen ….  oft wissen sie es selber nicht. Es braucht viel Geduld und Zuwendung, Zuhören, konkrete Hilfe … und viel Zeit!!!!
Ähnlich wie ganz am Anfang dieses Engagements, am 24.2., als Zsuzsa und Levente + Mitarbeiter einfach an die Grenze fuhren um zu sehen wo sie helfen können, bleibt es … helfen wo möglich und nötig so wie die Menschen es dann aktuell brauchen. Das wollen sie weiterhin …
und bereit sein für das, was kommt … ohne genau zu wissen was das ist und sein wird … improvisieren ist gefragt, aber das ist sowieso tägliche Übung hier rund um Schule, Kindergarten, Restaurant, Vilmány, Bauprojekten,  und vielem andern …
 
Füchtlingsarbeit … im Moment heisst das konkret:
– Weiterhin Essen kochen für die in Vizsóly und Abaújvár untergebrachten Flüchtlinge (40 – 80 Mahlzeiten/Tag an 6 Tagen jede Woche)
– Transporte machen für Essen/Menschen/Material (=Spritkosten)
– ganz wichtig: Die Menschen in der Westukraine unterstützen, die jetzt viele Flüchtlinge zusätzlich zu versorgen haben …  (Leventes Studien-Kollege, jetzt Pfarrer in einer grossen Gemeinde in Nagyberek , braucht drignend und erhält auch Unterstützung … wenn möglich mit Geld in Westwährung oder Nahrungsmitteln oder sonst Nötigem – auch das Apothekenprojekt und die Unterstützung ukrainischer Renter durch die Kirchgemeinde  Nagyberek läuft weiter – siehe vorige updates)
– Vorbereitungen treffen für Wohnmöglichkeiten für Familien, die kommen in den nächsten Wochen
– Sitzungen und Absprachen mit allen möglichen Beteiligten
usw.
 
zu den Wohnmöglichkeiten: der Ausbau der beiden Häuser (Bilder siehe letztes update) hat begonnen … Küche, Badezimmer+ ein Zimmer zum Wohnen sollen fertig sein, beim Rest helfen dann die zukünftigen Bewohner mit… mehrere Interessenten (unter den ukrainischen Flüchtlingen) haben sich schon gemeldet und Interesse, dort einzuziehen und mitzuarbeiten am Weiterausbau.
Baustoffe zu kaufen wird immer schwieriger, Lebensmittelpreise steigen, alle andern Lebenshaltungskosten (Gas, Strom, Benzin) auch … im Moment gibt es deshalb viele Streiks in Ungarn, weil es schon lange – trotz ca 30-40% gestiegener Lebenshaltungskosten – keine Lohnerhöhungen mehr gab z.B. bei den Lehrern ) … vieles im Aufruhr und viel Unsicherheit …
 
und alle Kosten der Flüchtlingshilfe tragen weiterhin die, die sie machen … der Staat bezahlt nichts mit der Begrünung: Aus der EU kam noch kein Geld … (bei uns in der Schweiz erhält jeder Kanton für jeden Flüchtling Geld vom Bund…)
 
Die Energieversorgung ist schwierig, auch deshalb: Im November 21 hat die ungarische Regierung einen 15-Jahres-Vertrag für Gas  mit Russland abgeschlossen – Gas schien also günstig zu sein und Heizungen wurden auf Gas umgestellt … und nun diese Energiepreiserhöhungen …. kriegsbedingt.
Menschen, die auf Gas gesetzt haben, wissen jetzt oft nicht mehr weiter ….
auch die Talentum-Schule hat auf Gas gesetzt …
nun laufen Überlegungen, wie der Umbau (die bisherige nicht mehr nötige Küche soll ein Musikzimmer werden) im Kindergarten ohne Gas gemacht werden kann …
wie das Problem “Gas” in der Schule gelöst werden kann, ist noch unklar.
 
steigende Kosten auch bei den Lebensmitteln – für 10 Grundnahrungsmittel wurde der Preis eingefroren (vorläufig bis 1. August) … alles andere steigt, im TESCO wurden z.B. Mengenbeschränkungen eingeführt für einzelne Lebensmittel …

an den Tankstellen darf ein Auto 1x/Tag nur noch max. 20 l tanken zu einem von der Regierung “gedeckelten” Preis, wer mehr braucht zahlt bedeutend mehr (und wer soll das kontrollieren?)

manche kleinere Tankstellen rebellieren und schliessen, weil sie drauflegen mit diesem gedeckelten Preis, die Konsumenten fluchen, weil sie nur noch 20 l tanken dürfen usw.

 
ein kleiner Einblick in eine bewegte Welt … und eine zunehmend aufgeheizte Stimmung gesellschaftlich
 
und wie immer: Wenn ihr mithelfen wollt, dass die kleine aber sehr aktive Kirchgemeinde in Göncruszka weiterhin in der Flüchtlingsarbeit ihr Engagement weiterführen kann, seid ihr herzlich eingeladen, das zu unterstützen über das Konto des Vereins Pro Göncruszka.
Nochmals zur Erinnerung: Alles, was ihr spendet landet zu 100% in Göncruszka – und im Januar erhaltet ihr eine Spendenbescheinigung für die Steuererklärung.
Neben viel Zeit und Geduld und Einsatz braucht es eben auch Geld … 
 
Hier unser Konto: 
Verein Pro Göncruszka Zürich, IBAN CH76 8080 8002 3476 8411 0
(ich hänge noch einen gescannten Einzahlungsschein an – ab 1.10. bitte nur diese verwenden, mit QRcode – Zweck müsst ihr dann selbst ergänzen. Ohne konkrete Angabe des Zwecks verwenden wir eure Spenden für das, was in Göncruszka am nötigsten ist gemäss Leventes Anforderung)
 
Danke für alles! Für jede Spende und aber auch für alles an-die-Menschen-in-Göncruszka-denken … jeder Gedanke hilft auch!!!
Ihr seid wichtig für Zsuzsa und Levente und alle Mitarbeitenden! Alleine schaffen sie das nicht …. danke an euch!!!!
 
Mein nächstes update wird ca Mitte August kommen… direkt aus Göncruszka.
Bis dahin herzliche Grüsse
 
Elke

Mail vom 13. April 2022

Von Pfrin. Elke Rüegger, unsere Kontaktperson  in Göncruszka
Stand: 13. April 2022
 
Liebe update-Interessierte
 
Wie sieht das Engagement für Flüchtlinge aus der Ukraine in Göncruszka aus?
Und was geschieht eigentlich mit dem Geld, das ihr als “Flüchtlingshilfe” gesammelt habt
bzw. uns überwiesen habt?
Diese 2 Fragen sollen heute im Mittelpunkt des updates stehen …
 
Immer mehr Menschen aus der Ostukraine fliehen in die Westukraine (Karpatukraine) und wollen dort bleiben, weil sie hoffen, dass sie bald zurückkehren können. Immer wieder kehren auch Menschen zurück ….
In der Westukraine lebt ja eine grosse ungarische Minderheit, und die Kontakte zur ungarischen reformierten Kirche (in Ungarn) werden, auch wegen der gemeinsamen Sprache, gepflegt – auch Levente hat ein Netzwerk unter ungarisch-sprachigen Pfarrkollegen aufgebaut. Das wird jetzt rege genutzt …
 
Die Kirchgemeinden, z.B.  in Nagybereg (ca 50 km von der ungarischen Grenze enfernt), beherbergen immer mehr Flüchtlinge und brauchen dringend Unterstützung. 
Geld-Überweisungen sind nicht mehr möglich, also fuhr Levente in den letzten 2 Wochen 
2 mal direkt nach Nagybereg, um Kleider, Lebensmittel, Matratzen, Schlafsäcke und anderes  aus dem grossen Hilfsgütertransport aus Holland (ich schrieb im letzten update davon) direkt an diese Orte zu bringen. Auch Bargeld (nur in Euro und CHF) hat er mitgenommen, weil nur noch Euro und CHF als Zahlungsmittel akzeptiert werden. In Portionen von 5 000 Euro nehmen sie jeweils Geld mit, um den Kirchgemeinden dort in der Westukraine zu ermöglichen, das Nötigste kaufen zu können (oft auf dem Schwarzmarkt – es ist Krieg und sehr vieles ist sehr knapp). In Nagybereg sind 120 Plätze eingerichtet für Flüchtlinge, die meist alle belegt sind von Flüchtlingen aus der Ostukraine. Manche fahren dann nach einiger Zeit weiter Richtung Westen, andere bleiben und hoffen, dass sie bald zurück in ihre Heimatorte können…. oder sie kehren jetzt schon zurück, weil sie hören dass sich die Kämpfe in den Osten verlagert haben.
Nächste Woche wird es wieder eine solche Fahrt in die Ukraine geben – mit Schlafsäcken, Matratzen, Hygieneartikeln … und auch wieder mit Bargeld – und: Mit Medikamenten! Das ist jetzt ein neues Projekt, das gerade beginnt. Levente + Pfarrkollegen haben als Partner eine Apotheke in Beregovo gefunden, mit der sie zusammenarbeiten (4 000 Euro ging als  Startkapital für dieses Projekt an die Apotheke zur Medikamentenbeschaffung). Diese Medikamente gehen dann nicht nur an die Flüchtlinge, sondern auch an alte Menschen, die jetzt gar keine Rente mehr erhalten oder nur so wenig, dass sie nicht ausreicht, um z.B. dringend benötigte Medikamente selber zu bezahlen…. alles über die Kanäle der Kirchgemeinde dort vor Ort oder über das bestehende Pfarrernetzwerk in der Westukraine.
Levente und Team sammelt und kauft  auch in Ungarn Medikamente, um sie dann direkt in die Westukraine zu bringen.
 
Regelmässig sind die Mitarbeiter*innen zusamen mit Zsuzsa weiterhin auch an der Grenze in Záhony im Einsatz zusammen mit dem ungarischen reformierten Hilfswerk, weil immer noch Flüchtlinge über die Grenze kommen … und das wird wohl noch eine Weile  weitergehen.
In Göncruska gehen viele davon aus, dass dieser Krieg noch länger dauern wird  … und damit auch noch lange all diese Mithilfen nötig sein werden.
 
Weiterhin kocht das Restaurant tejjel-mézzel täglich 60-80 Mahlzeiten für die Flüchtlinge, die in Abaújvár und in Vizoly in Gemeindegebäuden ohne Kochmöglichkeiten untergebracht sind. Diese Mahlzeiten werden auch dorthin transportiert von den Mitarbeitenden in Göncruszka.
Alleine diese Mahlzeiten kosten ca 2000.-Fr/Woche.
 
Und dann kommen die Transportkosten (=Dieselkosten) dazu für die Mahlzeitentransporte, die Fahrten zur Grenze und auch die Fahrten in die Westukraine:  ca 500.-Fr/Woche.
 
…. all diese Zusatzausgaben werden finanziert aus dem, was ihr gespendet habt in den letzten Wochen!!!!
Fast 60 000.- Fr sind bis Ende März zusammengekommen!!! Herzlichen Dank für eure grosszügigen Unterstützungen, dank denen Levente und Zsuzsa und ihre Miitarbeiter*innen nun all diese Unterstützung geben/leisten können.
Ohne euch wäre das nicht möglich!!!!!!!!
Sie sind auch sehr froh um eure Unterstützung und lassen euch ganz herzlich danken – für jeden Franken/Euro, den ihr überwiesen habt und aber auch für jeden Gedanken, den ihr zu ihnen geschickt habt und weiterhin schickt..
Diese Verbundenheit stärkt in dieser schwierigen Situation und macht immer wieder Mut, das anzupacken, was nötig und möglich ist!
 
Ihr könnt euch sicher vorstellen: Die Kosten für die Flüchtlingsarbeit laufen weiter … jeden Tag …
wenn ihr weiterhin mithelfen könnt und wollt, sind wir natürlich sehr froh.
Ich schreibe deshalb einfach hier nochmals das  Konto auf für die, die diese Arbeit auch finanziell weiter mittragen wollen und können:
 
Verein Pro Göncruszka, 8000 Zürich
CH76 8080 8002 3476 8411 0
 

Mail vom 2. März 2022

[…] Im Moment fahren Levente und Zsuzsa taeglich zur Grenze, beladen mit Material (Verpflegung, Windeln, Feuchttuecher, Medikamente…), anfaenglich war alles sehr unkoordiniert, sehr viele hilfsbereite Freiwillige, sehr viele Fluechtlinge […] Das ungarische reformierte Hilfswerk koordiniert jetzt die Einsaetze, bei denen auch Levente und Zsuzsa auf Abruf dabei sind […]. In jedem Einsatzteam muss jemand dabei sein, der englisch spricht [und jemand der ukrainisch spricht] (hier in der Talentum-Schule sind 3 Lehrkraefte aus der Ukraine – sprechen ukarainisch und haben sehr gute Verbindungen zu Menschen in der Ukraine, also immer aktuellste Infos ueber die Lage dort vor Ort).
Diese (ukrainischen) LehrerInnen gehoeren auch zum Einsatzteam an der Grenze …
In Chops (also dort wo die ukrainischen Fluechtlinge in der Ukraine am Grenzuebergang warten muessen, stundenlang, oft tagelang schon, hilft die dortige Kirchgemeinde den Fluechtlingen mit Nahrungsmitteln…jetzt geht ihnen aber das Geld dafuer aus, also schickte die Kirchgemeinde Goencruszka letztes Wochenende eine grosse Lebensmittelladung aus ihren Vorraeten … diese wurde aber vom Militaer konfisziert (fuers Militaer?), also ging die Suche nach andern Wegen los …
immer wieder muessen neue Wege gesucht werden … ueberall … […] Jetzt schicken sie Geld nach Chops, dass sie dort zu ueberteuerten Preisen (alles wird knapp und teurer) das Noetige fuer die Fluechtlinge kaufen koennen. […]
Taeglich gibt es eine (neue) Liste fuer dringend benoetigtes Material, die herumgeschickt wird …
deshalb: Alles was ihr an Pro Goencruszka ueberweist, kann dort eingesetzt werden, wo es gerade am dringendsten  gebraucht wird …. und was gebraucht wird und wo, das sehen Zsuzsa und Levente taeglich mit eigenen Augen.

Mein Eindruck an der Grenze: Viele viele Menschen, die aus der Ukraine kommen … viele Nationalitaeten, denn in der Ukraine wohnen nicht nur Ukrainer …
auch viele Roma kommen jetzt ueber die Grenze, in der Hoffnung, in Ungarn bleiben zu koennen und ungarische Sozialhilfe zu erhalten ….
was mit all den Menschen spaeter passiert ? Weiss im Moment niemand …

Gross ist auch die Hilfsbereitschaft. Gestern war z.B. vor dem Bahnhofsgebaeude in Záhony ein Zelt aufgebaut, und eine Gruppe aus Deutschland verteilte gratis eine warme Suppe mit Knoedeln drin ….auf ihrem Auto stand: Fuck you Putin!

Zsuzsa stand gestern draussen im kalten Wind, stundenlang… und wartete auf den naechsten Zug aus Chop (Bild unten) … zusammen mit andern, die ukrainisch verstehen …. und mit Verpflegungspaketen, Windeln, Feuchttuechern, Papiertschentuechern … und einem fruendlichen Laecheln fuer alle und 2 offenen Ohren …

Immer wieder werde ich aus der Schweiz gefragt, ob es sinnvoll waere, Hilfsgueter zu schicken (Matratzen, Decken, Schlafsaecke, Kuechenartikel, Medikamente …..usw) … bitte wartet noch ab!!!!
Im Moment ist vor allem Geld noetig, dass kurzfristig genau das gekauft werden kann, was dringend gebraucht wird. Und das aendert taeglich …
Auch Menschen hier spenden, taeglich (das, was Levente oder Zsuzsa am Abend per Mitteilung anfordern)  … hier in der Schule stehen Saecke mit Kleidern, Decken, Lebensmitteln, die Menschen taeglich vorbeibringen und die Levente und Zsuzsa mitbnehmen zur Grenze.
Was fehlt, kaufen sie dazu … deshalb ist Geld aus der Schweiz im Moment das Wichtigste!
Laut Levente finanzieren sie jetzt alles Noetige noch mit Geldern aus anderen Budgetposten – sobald noetig kann er dann bei pro goencruszka sehr schnell Geld anfordern (und das wird noetig werden, aber im Moment ist der Forint in einer Abwertungsphase, deshalb ist das Spendengeld im Moment noch in der Schweiz am sichersten! Aber es wird benoetigt…. danke!!! … denn all die andere Arbeit muss ja auch weiterlaufen!)

Mehr als 2oo Plaetze stehen bereit in Goencruszka und Umgebung (oft in Privathaeusern bei Familien, die zusammenruecken, um Platz zu machen fuer Fluechtlinge – ca 70 sind jetzt bereits besetzt …In Haeusern, die oft nur 3 oder 4 Zimmer haben fuer eine Familie und nun zusaetzlich Platz machen) –
Wer Essen braucht, erhaelt es (gratis) vom tejjel-mézzel-Restaurant, das die Kirchgemeinde Goencruszka vor 2 Jahren eroeffnet hat.  
Fluechtlinge haben oft auch Wuensche, wo sie hinmoechten – oft zu Verwandten oder Bekannten … was moeglich ist, wird unterstuetzt … und es warten noch viele Menschen in der Westukraine (Karpatukraine), in der Hoffnung, der Krieg sei bald vorbei und sie koennen dann zurueck. Es werden noch viele kommen … auch Angehoerige von hier Lebenden, deshalb muessen auch noch Plaetze frei bleiben.
Und: Es wartaen noch riesige Schlangen an der Grenze in der Ukraine ….(auch das wisst ihr bereits aus den Medien)

Mail von Elke Rüegger 4. März 2022

Hallo ihr lieben Interessierten – hier ein neues update …

alleine in Záhony werden heute bis zu 6 ooo Flüchtlinge erwartet … es werden immer mehr …
wer […] an der ungarischen Grenze angekommen ist, kann sich erst einmal Trinken holen oder ein Essenspaket für unterwegs oder Sandwich oder Papiertaschentücher oder Windeln oder Feuchttücher oder … – die “grünen Engel” vom ungar. ref. Hilfswerk stehn den ganzen Tag zwischen Gleisen und Bahnhofsgebaeude (auch die Goencruszka-Freiwilligen gehören zu diesen “grünen Engeln”) … dann muss jeder Ankommende sich zuerst registrieren lassen (auch dort: lange Schlangen und Warten …) … und erst dann werden die Menschen “weitervermittelt” … entweder an das “Schlaflager” in einer Turnhalle in Záhony (für eine Nacht bis zur Weiterreise mit Bahn oder Bus oder PW am naechsten Tag) oder in Quartiere, die in umliegenden Orten angeboten werden. Ehrlicherweise muss man auch sagen: Nicht überall sind Flüchtlinge willkommen, oder “bestimmte” nicht  …  vor allem wenn Studenten aus Afrika (die in der Ukraine studierten) oder Romafrauen mit Kindern untergebracht werden müssen, gibt es auch bisweilen ein “nein, wollen wir nicht” ….
Hilfe ja, aber wir wollen bitte auswaehlen, wen … oder lieber doch niemanden.
(Waere ja bei uns wohl aehnlich in der Schweiz … denke ich)

[…]Es gibt einen “Katastrophenalarm”, wenn die Flüchtlingsunterkünfte voll sind und niemand mehr aufgenommen werden kann … und dann kann bei denen, die auf diesem Alarmplan stehen, das Handy auch mal nachts klingeln, wenn alle Lager voll sind und noch Menschen abgeholt und untergebracht werden müssen (heute Nacht klingelte um 3.00 Uhr (!) das Telefon bei Levente… er steht auf diesem Alarmplan. […]
grösstes Problem im Moment: Es gibt viel zu wenig Unterkünfte für die vielen ankommenden Flüchtlinge. Viele wollen nach Polen … das lesen wir ja auch in den Medien. Die andern könnte man ja weiterschicken – nach Deutschland, Österreich, die Schweiz …. nur: Es gibt auch viele, die unbedingt hier in der Gegend bleiben wollen. Zunehmend kommen jetzt auch ungarische Familien aus der West(Karpat)Ukraine – das ist der Teil der Ukraine, der “früher” zu Ungarn gehörte, viele Menschen dort sind ungarischsprachig … und wenn sie jetzt fliehen über die ukrainische Grenze, wissen sie, das sie nicht (mehr) zurückkönnen, denn ihre Haeuser werden sofort “besetzt” von Menschen,die keine Unterkunft haben im Moment – denn auch in der Westukraine sind viele Flüchtlinge angekommen aus dem Osten des Landes …
also: Sie wollen hier in der Umgebung bleiben … nicht mehr weiter. Die Quartiersuche hier geht weiter … und wird wohl noch lange andauern … die Flüchtlingsströme auch … 
[…]
Transporte zur Grenze, Menschen abholen und in Unterkünfte bringen, Essen bringen wo nötig (das Restaurant ist bereit, Mahlzeiten zu liefern) –  das findet regelmaessig hier statt … auch der Transport von Hilfsgütern, die taeglich zur Schule gebracht werden von Menschen aus der Kirchgemeinde und von Nachbarn – im Schul-Flur stehen jetzt immer Kisten mit allem möglichen (Haendedesinfektion, Babynahrung in Glaesern, Kekse, Getraenke, Mehl , WC-Papier, Papiertaschentücher, usw – ein buntes Durcheinander)- , Transporte dieser Dinge entweder zur Grenze oder in die Unterkünfte hier in der Umgebung … Levente koordiniert vieles, ist fast immer am Telefon … leitet nebenbei auch noch den Ausbau im Pfarrhaus in Vilmány, Zsuzsa ist auch rund um die Uhr im Einsatz in der Schule, in Vilmány, an der Grenze … Mittagessen im Restaurant ist manchmal die einzige “Pause” …
auch der “normale” Betrieb geht ja weiter … jetzt kommen morgen noch 5 Praktikanten aus Texas/USA … das war geplant vor dem Krieg in der Ukraine – eigentlich wollten sie die Arbeit hier kennenlernen (Imkerei, Schule, Kindergarten, Restaurant, Vilmány), nun ist noch ganz aktuell “Flüchtlingshilfe” dazugekommen … […]
Eines [von vielen] Erlebnis[sen], das Levente tief beeindruckt hat beim letzten Einsatz an der Grenze: Es kamen 2oo schwerbehinderte Kinder mit dem Zug aus der Ukraine (ein aus Kiew evakuiertes Kinderheim) … um die Kinder ganz langsam, und liebevoll begleitend vom Zug zum Bus zu bringen, waren 3 Stunden nötig … schwerstbehindert zum Teil … und die Dankbarkeit der die Kinder Begleitenden war riesig … im Bus wurden sie dann nach Polen gebracht, wo ein ganzes Gebaeude für diese Kinder freigeraeumt worden war…
und am Abend holte der Bahnhofsvorsteher von Záhony Levente auf einen Kaffee in sein Büro und sagte anerkennend: Sie vom ungar. ref. Hilfswerk stehen als “grüne Engel” den ganzen Tag hier und helfen! Viele andere Helfer sind nur kurz da und gehen dann wieder…
Auch das gibts … […]

Mail von Elke Rüegger 11. März 2022

[…] Viele Romas kommen zur Zeit über die Grenze. […] Bisher brauchte man zum Grenzübertritt einen Pass (den besitzen Romas im  Normalfall nicht), aber nun dürfen alle ohne Pass die Grenze passieren (also auch viele Romafamilien), erhalten Gratis-Zugtickests  … Romafamilien erhalten in der Ukraine keine Sozialhilfe, aber in Ungarn schon …deshalb wollen sie hier bleiben … und das geht nicht so einfach, wie wir vielleicht aus der Ferne denken… in den beiden Nachbardörfern hier, in Vizsoly und Hejce, gibt es  Protest in der Bevölkerung, denn nun muss alles abgeschlossen werden, es ist in den Unterkünften dreckig (zum Teil hinterlassen sie ihr “Geschaeft einfach in den Raeumen, in denen sie untergebracht sind … sie gehen überall hinein, wo Raeume offen sind … usw) – ich möchte das gar nicht bewerten, nur festhalten:  Roma leben “anders” als wir , sehr “anders”… wir hier in Göncruszka kennen das aus Zsuzsas Arbeit mit Romas in Vilmány, die sie seit nun 16 Jahren macht … aber so auf die Schnelle und mit so vielen Romas ist eine solche Arbeit nicht möglich … eine schwierige Situation mit viel Überforderung und Konfliktpotenzial auf allen Seiten … eine einfache “Lösung” ist nicht in Sicht …

… jemand fragte, was mit Behinderten geschieht: Auch sie werden bestmöglichst begleitet
— z.B. im Moment eine aeltere Frau im Rollstuhl, die nun aus der Ukraine anreist (im Auto, weil inukrainischen Zügen kein Platz für einen Rollstuhl ist) und in einem Altersheim/Pflegeheim  in Ungarn bleiben möchte .. .Levente sucht ein solches Heim für sie und vermittelt Unterkünfte auf dem Weg wo nötig …

vieles hier ist eine Frage von Netzwerken, die nun tragen – zwischen der Ukraine und Nordostungarn: So hat Göncruszka hat 2 Partnergemeinden in der Ukraine nahe der Grenze, dort wo Menschen stundenlang anstehen müssen um einen Platz im Zug zu erwischen – bei den total explodierten Preisen auch für Lebensmittel in der Ukraine hat diese Gemeinde kein Geld mehr, um Lebensmittel zu kaufen … Levente, Zsuzsa und ihre Mitarbeiter finden immer wieder Wege, um zu helfen – auch mit Lebensmitteln …

… und dann ist Göncruszka verbunden mit Partnergemeinden in Holland (Assan) und in Witten (Deutschland, in der Schweiz mit Sigriswil (Berner Oberland) und Zürich …naechste Woche aus Basel … 
und dann kamen noch Roman und Simon aus Deutschland […]

Ja – und so manches mal wollen dann Menschen aus diesen Kontaktnetzen unbedingt etwas Handfestes bringen – Absprache mit Levente oder Zsuzsa ist dafür sehr wichtig, denn die Lager hier sind voll, deshalb müssen es Dinge sein, die man sofort braucht…(die Hollaender brachten z.B. Matratzen und Schlafsaecke, die bereits weiter gingen in Unterkünfte)

Unsere dringende Bitte ist weiterhin : Bitte keine Sachspenden mehr! Keine gut gemeintem Hilfsgüter-Transporte …! Auch andere Hilfswerke wie Caritas und Rotes Kreuz bitten darum … die Lager sind überall voll! Und noch so gut Gemeintes steht dann im Weg oder muss sogar entsorgt werden ….
auch keine secandhand-Kleider,bitte!!! Die gibts in rauhen Mengen hier in Ungarn zu Spottpreisen … überweist uns zum Mithelfen eine Spende, dann kann genau das gekauft werden, was gerade jetzt nötig ist (z.B. Windeln) – und das kann morgen schon wieder etwas anderes sein als heute (vielleicht Lebensmittel) !

Mail von Elke Rüegger 18./19. März 2022

Liebe an Göncruszka und der Flüchtlingsarbeit hier vor Ort Interessierte 
[…]Waehrend ich hier schreibe, erreicht mich die Nachricht, dass „unsere Flüchtlinge“ (eine alleinerziehende Mutter mit 4 Kindern), die gestern Mittag hier in Göncruszka – nach unserem gemeinsamen Mittagessen im „tejjel-mézzel“ – zusammen mit 2 Baslern in einem VW-Bus losfuhren, gut in der Schweiz angekommen sind und jetzt von ukrainischen Freiwilligen begleitet werden bei all den Schritten, die nun nötig sind. Auch eine gute Wohnmöglichkeit haben sie bereits gefunden.
Wir lesen ja zurzeit in der Presse viele Geschichten … das ist auch eine: Die beiden Basler Freunde Beli und Eric wollten hierher kommen, um eine Familie (oder Mutter mit Kindern) nach Basel zu holen. Also fuhren sie los – beladen mit Artikeln, die sie vorher von uns hier erfragt hatten (80 neue IKEA Bettecken, Kissen, Bezüge und Laken an Bord des VW-Busses … fürs Jugendlager in Hejce) – „wir wollen doch nicht leer fahren“ … 
und  waehrend sie unterwegs waren, strandete diese Mutter (s.o.) mit 4 Kindern aus der Ukraine in Kosice (Tschechien). Dort stand sie am Bahnhof, ohne Vorstellung wohin jetzt … einfach weg vom Krieg! Sie wurde mit Megaphon ausgerufen: «Mutter mit 4 Kindern sucht Übernachtungsmöglichkeit» … und eine Slowakin, die hier in Göncruszka wohnt mit ihrer Familie, aber in Kosice arbeitet und gerade beim Bahnhof durchkam, meldete sich mit einer Übernachtungsmöglichkeit. So kamen diese ukrainischen Flüchtlinge (über Kosice) nach Göncruszka … Levente hörte davon (weil Essen bei ihm bestellt wurde – Flüchtlinge hier in der Umgebung werden vom tejjel-mézzel-Restaurant verpflegt) und fragte, ob sie vielleicht nach Basel möchten … (Verstaendigung ist oft schwierig: Viele UkrainerInnen können zwar russisch, aber kein ungarisch, aber die Slowakin konnte mit slowakisch ein wenig Verstaendigung ermöglichen …) und die Mutter meinte: Ja, sie komme mit in die Schweiz.
Heute beim Mittagessen war noch unsere ukrainische Informatik- und Mathematiklehrerin (sie kam vor 8 Jahren aus der Ukraine nach Göncruszka) beim Essen dabei und übersetzte vieles für die Gaeste aus der Ukraine in ihre Heimatsprache ukrainisch – das tat gut! Vertraute Worte zu hören, ehe sie sich auf dieses Abendteuer einlassen in ein fremdes Land aufzubrechen, dessen Sprache sie (noch) nicht verstehen …  […]
Nicht nur in der Zeitung zu lesen von Menschen, die flüchten müssen, die in eine neue fremde Welt aufbrechen, sondern sie direkt zu sehen und mitzuerleben … das ist schon noch “naeher” … wirft auch Fragen auf. Wie schnell werden sie Fuss fassen am neuen Ort, die Sprache lernen, Arbeit finden, die Schule besuchen können … und wie geht es ihnen in all dem? … eben lese ich, dass in der Schweiz bis gestern 9 ooo Menschen aus der Ukraine sich registriert haben … […]
Und vieles ist immer wieder unplanbar … so gab es z.B. einige Tage kein Diesel an den Tankstellen hier in der Umgebung (und alle Busse und Kleinbusse hier in Göncruszka, auch zur Grenze nach Záhony, fahren mit Diesel) … Tankstellen geschlossen! … mit der Zeit wurde klar, warum: Die Bezinpreise steigen immer mehr, und die Regierung führte dann einen «Deckel» ein, d.h. die Tankstellenbesitzer durften nur noch einen bestimmten Preis verlangen von den Tankenden – da dieser festgelegte Preis aber ihren Einkaufspreis unterbot, schlossen sie die Tankstellen. Denn so mussten sie ja drauflegen … An den Autobahntankstellen gabs weiterhin dieses «günstige Diesel» zu kaufen, was natürlich zu Einkaufstourismus führte ….also kamen wieder neue Regeln… im Moment gibt’s wieder Diesel …

Levente ist viel am Telefon, auch mit seinen vielen Beziehungen, vermittelt und organisiert (z.B. Übernachtungsplaetze, chauffiert Menschen – auch mitten in der Nacht wenn nötig -, koordiniert Spenden, bringt Hilfsgüter dorthin, wo sie gebraucht werden: Matratzen oder Lebensmittel oder….) –  Zsuzsa und ihr Team mit ihren grünen Jacken (Zeichen des ungarischen reformierten Hilfswerkes) stehen immer wieder an der Grenze in Záhony bei all den Menschen, die nach langem Warten endlich in Ungarn ankommen mit dem Zug, mit Kindern und Hunden und Katzen und Hunger und Durst und vielen Fragen im Gesicht … auch Levente hat eine grüne Jacke und ist immer wieder auch in Záhony – viele  «grüne Engel»… und die vielen Freiwilligen, die überall mithelfen … 
 Und immer wieder suchen und finden sie auch (abenteuerliche) Wege, um die Kirchgemeinde auf der ukrainischen Seite der Grenze mit Geld zu unterstützen (nur Euro oder Schweizer Franken, mit Forint kann man nichts mehr kaufen), dass sie Lebensmittel kaufen kann, um die Flüchtlinge auf der ukrainischen Seite beim Warten mit dem Nötigsten zu versorgen und auch selber etwas zu essen zu haben …
Und: es gibt nicht nur taeglich neue Flüchtlinge aus der Ukraine, sondern 
es gibt auch aus der Ukraine geflohene Menschen, die schon wieder zurück sind in die Ukraine … dorthin wo sie herkamen … aus Heimweh, oder weil sie nach der Familie schauen wollen, oder nach dem Haus … oder …
es gibt so vieles – und nicht alles versteht man. Wichtig bleibt: Dasein im Moment, das geben, was jetzt gerade nötig ist und dort helfen, wo um Hilfe gefragt wird. … und mit Fragen leben lernen! Sie einfach stehen lassen …[…]
Alles gleichzeitig. Und dann noch eine Beerdigung und Gottesdienste und Sitzungen und Kindergartenbetrieb und Schulbetrieb, das “normale” Leben und nebenbei […] Es gibt hier in Göncruszka und Umgebung viele Menschen, die noch Angehörige in der Ukraine haben (auch Angehörige, die überlegen, ob sie nun fliehen sollen oder doch bleiben und hoffen, dass dieser mörderische Krieg bald zuende geht…) – alles so nahe aufeinander … 
[…]
Das Restaurant kocht taeglich mehr als vorbestellt ist – gestern waren es 40 Essen mehr (aber auch das aendert taeglich – braucht ziemlich Flexibilitaet) … und bei den gestiegenen Lebensmittelpreisen ist auch das eine Herausforderung. Vom gespendeten Geld (danke euch allen!!!) erhielt nun das Restaurant mal einen Teil für die Verpflegung der Flüchtlinge hier und in Nachbardörfern, wo es keine Kochgelegenheiten in den Massenunterkünften gibt und die Organisatoren froh sind, dass das Essen vom Restaurant tejjel-mézzel geliefert wird. 
Viele internationale Studenten, die in Vizsoly untergebracht waren (das Restaurant tejjel-mézzel hat auch sie mit Essen versorgt), konnten zwischenzeitlich nach Budapest weiterfahren – dort wurde in Studentenwohnheimen für sie Platz gemacht, und so nah bei Bibliotheken können sie ein wenig weiterarbeiten … natürlich hoffen alle, möglichst bald an die Uni in Kiew zurück zu können zum Weiterstudium. 

Bericht von Deanna Phillips auf Facebook

Deanna Phillips ist eine der fünf Praktikant*innen aus Texas, die in Göncruszka zu besuch waren. Deanna hat untenstehenden Text auf englisch auf der Facebook-Seite der Kirchgemeinde Göncruszka veröffentlicht, die Übersetzung stammt von facebook, überarbeitet von Pfr. Ch. Bühler. Um die ganze Tragweite ihres Textes verstehen zu können, muss man wissen, dass ihr Mann am 4. März 2010 als US-Soldat im Irak ums Leben kam. Deanna Philipps hat eine Tochter, die beim Tod ihres Mannes ca. 3-jährig war.

facebookseite Kirchgemeinde Göncruszka
facebookseite von Deanna Philipps

Wie fasst man eine Gelegenheit, wie ich diese Woche hatte, in Worte? Ich erzähle immer demütig von Jesus und arbeite mit Schülern. Diese Woche hatten wir die Gelegenheit, in Ungarn und der Ukraine zu dienen. Ich möchte zuerst etwas über letzten Sonntag posten. Unser Team hatte die Gelegenheit, sich mit einem holländischenTeam zu treffen, das 20 Stunden mit Hilfsgütern für die Grenzflüchtlinge gefahren ist. Dann gingen wir zum Bahnhof Zahony und halfen den [den grünen Engeln], da sie versuchen, den Frauen und Kindern an der Grenze zu helfen. Unser Team hat 3 Stunden lang Sandwiches gemacht – nonstop – mit demütiger Freude.
Während ich das Brot mit Butter bestrich, betete ich dafür, dass die Sandwiches jedem, der sie essen würde, vorübergehend ein Lächeln aufs Gesicht zaubern würden. Ich betete dafür, sie würden spüren, dass wir unsere Liebe für sie mit jedem Sandwich ausdrücken. Ich habe dafür gebetet, sie würden irgendwie erfahren, dass Jesus bei ihnen ist.
Als wir in- und durch den Bahnhof gingen erlebte ich einen Moment, der mein Leben verändern würde: Ich habe meinen Mann in den Krieg geschickt, für seine Sicherheit gebetet und die Auswirkungen derer gesehen, die es nicht nach Hause geschafft haben. Allerdings habe ich diese Seite noch nie gesehen. Ich Vergesse nie die Blicke in den Gesichtern der Mütter, während ihre 2-3 Jahre alten Kinder zusammen spielen, wie es Kinder eben tun. Die Kinder klammern sich an ihrem besonderen Kuscheltier. Vor allem aber dieser bewegende Moment unsere Schüler sagten: “Ich musste darüber nachdenken, was ich in einen Koffer packen würde, wenn ich mein Zuhause verlassen müsste? “
Ich habe auch mit einer Frau, sie heisst Daria, gesprochen, die eine Nacht im Gästehaus war, in dem wir übernachten. Es war internationaler Frauentag und ich habe ihr geholfen, ihr Auto auszuladen. Sie war bei ihrer kleinen Tochter, ihrem jungen Sohn und ich vermute die ältere Frau [die sie dabei hatte,] war ihre Mutter. Sie hatte Kiew verlassen und war auf dem Weg nach Polen. Sie reichte mir die Blumen und sagte: “Behalte sie”, und alles, woran ich denken konnte, war, dass sie ihren Mann und ihren Vater, zu Hause verlassen musste, ohne zu wissen, was ihr die Zukunft bringen würde. Wohl sehr wenig. Sie wollte nicht [Gottesdienst]feiern. Sie schlief diese Nacht eine Etage über mir und jedes Mal, wenn ich in der Nacht aufwachte, betete ich für sie.
Diese [Erlebnisse in] Ungarn haben mich für immer geprägt. Ich bete für die Arbeit, die sie leisten. Ich bete für Ressourcen. Mir wurde gesagt, das einzige, was in der Ukraine noch einen Wert habe seien amerikanische Dollar und Öl. Ich bete für die Treibstoffversorgung in Ungarn, damit die Menschen an die Grenze und auch wieder von der Grenze weg fahren können um zu helfen. Ich bete für Kraft für meine ukrainischen Schwestern. Ich bete für Frieden. Ich bete, dass diejenigen, die Jesus nicht haben, ihn finden werden.